Raumkunst

Schlemmer-Plakat

„Ich glaube: … Daß dauernd an der Entwicklung der Kunstbegriffe zu arbeiten ist, freilich nicht dogmatisch, sondern einzig und allein durch das individuelle Werk, Reinigung der Mittel, Klarheit der Idee.“ Oskar Schlemmer, 1932

Nach und nach bedeckten sich die Wände meines Kinderzimmers mit Plakaten von Kunstausstellungen, die mein Vater aus Hannover mitbrachte. Karl Schmidt-Rottluff, Adolf Hoelzel, Schlemmer. Ich kann nicht mehr mit Sicherheit erinnern, ob es dieses von Oskar Schlemmer (1888-1943) war, jedenfalls gefiel es mir am wenigsten, weil zu geometrisch. „Wir Heutigen, denen die großen Symbole und Anschauungsweisen der Alten mangeln, weil wir uns in einer Zeit des Verfalls, der Umschichtung und hoffentlich der Erneuerung befinden, was können wir im Augenblick anderes tun, als schlicht zu sein, einfach in der Darstellungsweise, offen allem, was sich an Bewußtem und Unbewußtem in uns sammelt, um es allmählich Gestalt werden zu lassen?“ (1930). Ich wußte damals noch nichts über seine Gesamtkonzeption des Raumes: „Im Vordergrund des Interesses steht für uns der Raum als Teil des größeren Gesamtkomplexes Bau … Es sind also Spiele zu denken, deren Geschehen lediglich in der Bewegung von Formen, Farben und Licht besteht.“ (1932). Es waren eher die Filme über und mit den Beatles, die in mir die Neigung weckten, über das Bild hinauszugehen zu einem Gesamtkunstwerk von Architektur und Umgebung. Als Schüler begann ich 1964 mit Marionetten- und Schatten-Spiel („Der Grusellehrling“), was ich in einem Werken-Kurs als Kunststudent fortsetzte. Später mit Schülern immer wieder Wandbemalungen, Aktionen, Installationen und Aufführungen, die vom Optischen dominiert wurden. Bühnenbilder, ein Grusel-Kabinet und eine Aufführung mit großen Pappmaché-Köpfen, inspiriert vom Bread-and-Puppet-Theatre, bei dem die Masken, das Spiel entwickelten, während sich die Deutsch-Kollegen in manchmal peinlicher Schwerfälligkeit an Texte klammerten.

Schueler-Hannover

Für meinen Sohn baute ich eine „indonesische“ Schattenspiel-Bühne mit Figuren auf Plexiplatten. Mein letzter Eindruck war das befreiende Gelächter einer Schüler-Gruppe (und meines) bei Betrachtung des Videos nach einer gelungenen Aufführung, die u.a. einen „Vogel“ auf Rollschuhen und einen sich zum Song „The End“ apokalyptisch herabsenkenden Atompilz-Fallschirms zeigte. Aber natürlich war es nicht das Ende, sondern es ging immer weiter. Davon träumte ich neulich: Zusammen mit 2 Frauen, einer unbewältigten Ex-Freundin und einer mir unbekannten Dame in Schlemmers Triadischem Ballett-Kostüm, wollte ich eine Aufführung verwirklichen, doch immer kam etwas dazwischen. Und so erinnerte ich mich an Schlemmers großartige Tanzfiguren, die ich erst im Internet zum ersten Mal in Bewegung sah. Inzwischen habe ich wenigstens meine Raumkonzeption weitgehend verwirklichen können. Doch gäbe es noch so viel zu tun.
An der Reaktion der Banausen hat sich jedoch nichts wesentlich geändert: „its reall hard bullshit you can only stand it with weed !!!“ (YouTube-Kommentar)

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