Hart werden

… fällt im Alter bekanntlich schwer – besonders, es längerfristig zu bleiben. Jedoch verhärten sich die Anschauungen, weil man – im Gegensatz zu kindlich-kindischen Politikern – einiges erlebt hat. Der begründete pauschale Haß auf Russen und Polen wurde wohl so ziemlich jedem Nachwuchs-Ostpreußen in die Wiege gelegt. Den Aufstand der Ungarn gegen die russische Besatzung sah ich 1956 als Wochenschau im Kino. Und ich kann mich noch gut erinnern, wie mein Vater 1968 triumphierend mit einer Zeitung morgens in mein Zimmer kam, die über den Einmarsch der Russen in die Tschechoslowakei berichtete. In unberechtigter Sorge, ich hätte mich im optimistischen Überschwang der 68er-Bewegung den Kommunisten zu sehr angenähert. Dabei war und ist mir jede Form von autoritärem Imperialismus und Totalitarismus zuwider. Anders als in D, hat man damit in Ost und West auch nach 45 weitergemacht. Doch wie hemmungslos schnell entstand ein neuer auch auf deutschem Boden im Zuge der Wahndemie!
Was ist das für ein Volk, welches sich immer wieder den übelsten Figuren der Neuzeit, Stalin, Chruschtschow, Putin, unterwirft? Geschätzte 100 Millionen Tote gingen bis 1997 auf das Konto des Weltkommunismus. Dabei haben sich russische Standards von Ostpreußen bis zur Ukraine in der Geschichte immer wiederholt: Zerstören, plündern, rauben, die Menschen körperlich und geistig vergewaltigen. Mit Hilfe einer Ideologie der angeblichen Befreiung und Emanzipation der Menschen. „Dekosakisierung“, „Entkulakisierung“, Verschleppung der Wolgadeutschen, Krimtataren, Tschetschenen, Inguschen. Die Ukraine soll sogar „Entnazifiziert“ werden! Ein zerbröselndes Imperium läuft Amok. Und die neue Aggressivität der NATO erblüht auf dem sich schon zersetzenden Misthaufen EU.
„Fast alles hat sich geändert – außer dem System … Das Einfache war damals einfach nicht zu machen und scheint noch schwer auf absehbare Zeit. Aber die Haut ist nicht mehr so dick, daß man ohne Rückgrat stehen kann.“ (Michael Ben, *1946, in „Die normative Kraft des Faktischen“, 1984).
Alle entropierenden organischen und anorganischen Systeme bilden den Keim des Zerfalls in sich. Britisches Imperium, Christentum, Sozialdemokratie, Digitalisierung, eine angeblich neue Weltordnung – das einzig zuverlässig Konstante ist die Selbstzerstörung durch Wachstum. Die Frage ist immer nur, ob man mehr oder weniger isoliert darauf warten kann und soll, wenn sich verweigern, das Leben vereinfachen, entschleunigen, zum Elementaren zurückentwickeln, nirgendwo vorgesehen ist und lebendiger Eigendynamik zuwider läuft.