Die andere Gestalt

Siku-peace

„… Mit einer Art von wehmüthiger Freude laβ er nun, wenn Helden fielen, es schmerzte ihn zwar, aber doch däuchte ihm, sie muβten fallen.
Dieβ mochte auch wohl einen groβen Einfluβ auf seine kindischen Spiele haben. Ein Fleck voll hochgewachsener Nesseln oder Disteln waren ihm so viele feindliche Köpfe, unter denen er manchmal grausam wüthete, und sie mit seinem Stabe einen nach dem andern herunter hieb.
… Das allergröβte Vergnügen machte es ihm, wenn er eine aus kleinen papiernen Häusern erbauete Stadt verbrennen und dann nachher mit feierlichem Ernst und Wehmuth den zurückgebliebenen Aschenhaufen betrachten konnte … Dieser Wunsch hatte nichts weniger als Schadenfreude zum Grunde, sondern entstand aus einer dunklen Ahndung von groβen Veränderungen, Auswanderungen und Revolutionen, wo alle Dinge eine ganz andere Gestalt bekommen, und die bisherige Einförmigkeit aufhören würde.“

Karl Philipp Moritz (1756-1793), „Anton Reiser. Ein psychologischer Roman.“

„… Er formte sich aus Stückchen Papier Häuser und Thürme, bebauete den ganzen Tisch mit einer Stadt, wo, in Straβen gereihet, Haus bei Haus stand, unter denen er sich verschiedene, als ihm interessante Gebäude auszeichnete. Nun brannte er Siegellack an, fuhr damit über die Stadt hin und her, und war dabei in der gespanntesten Erwartung, wo das heruntertröpfelnde Lack zuerst zünden und welchen Weg die weiter um sich greifende Flamme nehmen würde. Das brennende Lack war der Blitz, und irgend ein Gepolter, was seine Brüder dazu machen muβten, war der Donner. Eine sonderbar wehmüthige Empfindung schien es ihm zu machen, wenn die Stadt nun in Asche verwandelt war.“

Johann Christian Conrad Moritz 1795 über seinen älteren Bruder

Kranfuehrer

https://tomschrat.wordpress.com/2013/11/07/feuer-im-fort/

Weg in die und aus der Idylle

Eine mein ganzes Leben begleitende infantile Prägung ist mein Interesse an Architektur-Modellen. Wen schon das Leben und das deutsche Bauamt um das aufregende Erlebnis besonderer Architektur und der eigenen Gestaltung des Lebensraumes betrügt, und wer niemals die Möglichkeiten kennenlernt, die anarchisch organisierte Gesellschaften kreativen Architekten bieten, dem bleiben nur Phantasie und Modell. Am Anfang meines Ausstiegs aus lebensfeindlichen, entfremdenden Metropolen stand neben dem chemisch Herauskatapultieren der Besuch des Historischen Museums in Hannover. Dort sah ich die für immer verlorene Schönheit bäuerlicher Entwürfe als liebevolle Miniaturen. Das Geheimnis der Schönheit und Geborgenheit in dieser Fachwerk-Architektur, zwischen der ich mich viele Jahre in Hildesheim bewegt hatte, liegt in ihrer abwechslungsreichen Gestalt trotz verbindender gemeinsamer Struktur. Weder Langeweile noch Chaos, menschlicher Maßstab und natürliche Materialien bei größter Naturverbundenheit.

Dreiseithof

„Dreiseithof“, 1745, Obernfeld, Landkreis Göttingen

Fuhrherrenhaus

Fuhrherrenhaus, 18.Jh., Buntenbrock, Landkreis Goslar

Schroer-Modell

Modell von Heinrich Schroer, der auch die 185 Miniatur-Häuser für die Rekonstruktion der Judengasse im Jüdischen Museum Frankfurt schuf.

Modell-Judengasse

Bausparkasse

Fullertown

… »Die Bevölkerung [der Insel Man] glaubt noch heute unentwegt an die <Kleinen Leute>, Feen und Kobolde. Der gilt als unvorsichtig und verdächtig, der sich mit seiner Familie abends zur Ruhe legt, ohne zuvor eine Bütte mit klarem Wasser an die Hintertür gestellt zu haben, wo <Die Gäste> sich baden können …«

Unter der Gaslaterne vorm Sportplatz parkte das Auto einer Bausparkasse, mit Häusermodellen rundherum hinter den Scheiben; das gab eine so nette kleine Ausstellung, daß wir uns Jeder eins wählen mußten. (Sie das kleinste, simpelste; und die lange Nase zeigte vergnüglich : hier. Und hier erst !).

Arno Schmidt, „Geschichten von der Insel Man.“